Das öffentliche Preisrecht – eine kurze Einführung

Die öffentliche Hand ist ein mächtiger Nachfrager: Ob Bund, Länder, Kommunen oder öffentlich-rechtliche Körperschaften – zusammen vergeben sie jährlich Aufträge im dreistelligen Milliardenbereich. Doch was passiert, wenn es für bestimmte Leistungen keinen funktionierenden Markt gibt? Wenn Preise nicht im Wettbewerb, sondern unter Monopolbedingungen, zu Krisenzeiten oder durch freihändige Vergaben entstehen? Können Unternehmen dann jeden Preis verlangen? 
Genau für solche Fälle hat der Staat Regelungen geschaffen: das öffentliche Preisrecht.

Für Unternehmen, die Leistungen für öffentliche Auftraggeber erbringen, ist es entscheidend zu wissen, wie der zulässige Höchstpreis ermittelt wird – und wo typische Fallstricke liegen. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über das Preisrecht, skizziert dessen Funktionsweise und nennt einige praktische Herausforderungen in der Anwendung.

Was ist das Preisrecht – und warum gibt es das überhaupt?

Das Preisrecht regelt, welche Preise bei öffentlichen Aufträgen verlangt werden dürfen. Seine Grundlage ist die Verordnung PR Nr. 30/53, erlassen 1953 und bis heute gültig, im Anhang ergänzt durch die Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP).

Der Hintergrund: In vielen öffentlichen Beschaffungssituationen – etwa bei Spezialsoftware, innovativer Wehrtechnik oder infrastrukturellen Dienstleistungen – existieren keine echten Märkte auf denen sich durch Angebot und Nachfrage ein Preis bildet. Dann droht eine gefährliche Schieflage zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer: Der Auftraggeber ist abhängig, der Auftragnehmer hat (nahezu) freie Hand bei der Preisgestaltung. Ohne Reglementierung wären überhöhte Preise, Mitnahmeeffekte und intransparente Kalkulationen kaum zu verhindern.

Die VO PR 30/53 setzt hier an und verfolgt einen doppelten Zweck:

  1. Preiswucher verhindern – durch die Begrenzung überhöhter Preise auf einen Höchstpreis.

  2. Wirtschaftlichkeit für Auftragnehmer erhalten – durch ein faires System der Preisermittlung auch ohne vorhandenen Marktmechanismen.

In der Literatur wird in diesem Zusammenhang von der Sicherung des Preisstandes oder der Durchsetzung marktwirtschaftlicher Grundsätze gesprochen.

Das Preisrecht gilt auf erster Ebene zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer automatisch, muss also nicht extra vereinbart werden.

Wie funktioniert das Preisrecht in der Praxis?

Das Preisrecht schreibt eine Rangfolge höchstzulässiger Preise vor (die sog. Preistreppe). Die Preistreppe berücksichtigt die nachfolgenden Grundsätze für die Feststellung des Höchstpreises.

1. Vorrang für Marktpreise – wenn es denn welche gibt

Zunächst wird geprüft, ob ein Marktpreis vorliegt – also ein Preis, der sich in einem funktionierenden Wettbewerb gebildet hat und „verkehrsüblich“ ist. Ist dies der Fall, darf er (und muss er) als Maß für den höchstzulässigen Pries verwendet werden. Die Realisierung von nachprüfbaren Marktpreisen kann aber mitunter eine Herausforderung für die Unternehmen darstellen, da u.a. der Nachweis durch die Unternehmen in einigen Fällen nicht selbst erbracht werden kann.

2. Selbstkostenpreis – wenn der Markt versagt

Liegt kein Marktpreis vor, greift die Selbstkostenkalkulation: Der Preis setzt sich aus den tatsächlich entstandenen, wirtschaftlich angemessenen Kosten plus einem angemessenen Gewinn zusammen. Grundlage ist meist die Vollkostenrechnung, in Ausnahmefällen auch die Teilkostenrechnung (z. B. Deckungsbeitragsrechnung mit Fixkostendeckung).

Die Leitsätze für die Preisermittlung (LSP) regeln im Detail:

  • wie das Kalkulationsschema zu gliedern ist,

  • welche Kostenarten anerkannt sind,

  • wie Zuschlagssätze gebildet werden,

  • wie kalkulatorische Bestandteile, wie Zinsen oder Gewinn, zu berechnen sind

  • und wie mit Sonderkosten und Gemeinkosten umzugehen ist.

Diese LSP sind zwingend – Verstöße können Rückforderungen auslösen.

Ferner werden innerhalb der Selbstkosten zwischen vorkalkulatorischen und nachkalkulatorischen Preistypen sowie Zwischenformen unterschieden, die je nach Überschaubarkeit des Auftrags angewendet werden (müssen).

3. Die Preisprüfung – Kontrolle durch Behörden

Bei Zweifeln an der Preisbildung können Preisüberwachungsbehörden (meist auf Initiative des Auftraggebers) eine Preisprüfung durchführen. Sie überprüfen den Preistyp und bei Selbstkostenpreisen die Kalkulationsbasis und die Anwendung der LSP. Ziel ist es, den höchstzulässigen Preis festzustellen. Dieser ist bindend – zivilrechtlich können auf dieser Basis zu viel gezahlte Beträge vom Auftraggeber zurückgefordert werden.

Neben den Preisüberwachungsstellen auf Landesebene besitzt auch das Beschaffungsamt der Bundeswehr (BAAINBw) eigene Prüfkompetenzen in einigen Auftragssituationen, sodass auch aus dieser Richtung eine Prüfung erfolgen kann.

Warum ist das Preisrecht wichtig für Unternehmen?

Für Unternehmen bedeutet das Preisrecht in der Praxis:

  • Preisrecht ist Pflicht: Auf erster Ebene kommt das Preisrecht zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zwingend zum Einsatz, es besteht also kein Wahlrecht. Ferner muss auf die Geltung nicht gesondert hingewiesen werden. Erst auf Unterauftragnehmerebene muss das Verlangen auch hier das Preisrecht anzuwenden zum Ausdruck gebracht werden.
  • Regulatorische Sicherheit: Wer die Vorgaben kennt, kann Angebote rechtskonform kalkulieren – und sich gegen Rückforderungen absichern.

  • Strategische Vorbereitung: Preisrechtlich relevante Aufträge benötigen eine belastbare Kostenrechnung und präzise Dokumentation. Wer hier frühzeitig investiert, spart später Nerven und Geld.

  • Vermeidung von Risiken: Unwissenheit schützt vor Preisprüfungen nicht. Nicht anerkannte Kosten, überhöhte Zuschläge oder unzulässige Kalkulationsverfahren können teuer werden.

Zudem gilt: Das Preisrecht ist kein Vergaberecht. Es greift nach Abschluss des Vertrages – unabhängig davon, ob dieser wettbewerblich ausgeschrieben wurde oder nicht. Das macht es so besonders.

Häufige Fehler

Aus der Praxis zeigen sich typische Herausforderungen:

  • Unklare Preistypenwahl: Unternehmen bieten „marktübliche“ Preise an, obwohl gar kein belastbarer Markt existiert – und riskieren dadurch eine unzulässige Preisbasis.

  • Fehlende Trennung von Selbstkosten und Zusatzkosten: Oft werden freiwillige Leistungen die nicht beauftragt wurden oder Innovationsaufwendungen in die Selbstkosten hineinkalkuliert – was bei der Prüfung zu Streichungen führen kann.

  • Unvollständige Dokumentation: Ohne prüffähige Kalkulationsunterlagen ist der Nachweis des höchstzulässigen Preises nicht möglich. Es drohen Abschläge und Schätzungen durch die Prüfer.

Fazit: Preisrecht ernst nehmen und strategisch nutzen

Das öffentliche Preisrecht ist kein bürokratisches Relikt, sondern ein wirksames Steuerungsinstrument für wirtschaftliche Beschaffung unter besonderen Marktbedingungen. Unternehmen, die es verstehen, können nicht nur Risiken vermeiden, sondern auch gezielt Preisstrategien entwickeln – gerade in Nischenmärkten oder spezialisierten Leistungsfeldern.

Die gute Nachricht: Wer einmal die Grundlogik des Preisrechts verstanden und eine systematische Kostenrechnung etabliert hat, kann dauerhaft profitieren – durch effizientere Prozesse, rechtssichere Angebote und belastbare Kalkulationsgrundlagen.

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