Wie kann festgestellt werden, ob bei öffentlichen Aufträgen überhöhte Preise gezahlt werden? Wie kann verhindert werden, dass Auftragnehmer die Beschaffungssituation z. B. bei Monopolen oder in Krisenzeiten ausnutzen und Mondpreise verlangen? Auf welcher Basis können Überzahlungen zurückgefordert werden?
Mit den Preisvorschriften der Verordnung PR 30/53 haben öffentliche Auftraggeber ein vergleichsweise scharfes Schwert in der Hand, um den höchstzulässigen Preis durch die Preisüberwachungsstellen feststellen zu lassen und eventuelle Überzahlungen zu vermeiden bzw. zurückzufordern. Gegenwärtig kommt dieses Schwert aber nur selten zum Einsatz.
12 Faustregeln für die öffentliche Hand
Im Folgenden haben wir 12 Faustregeln für die öffentliche Hand zusammengestellt. Sie sollen eine Orientierungshilfe geben, wann sich eine Preisprüfung lohnt und wann das Preisrecht zur Preisstandswahrung eingesetzt werden kann.
- Das Preisrecht gilt automatisch für alle öffentlichen Aufträge (außer Bauaufträge). Beachten Sie das!
- Verstehen Sie den Preistyp! Das Preisrecht sieht eine Rangfolge unterschiedlicher sogenannter Preistypen vor. Je nachdem, welche „Tatbestandsvoraussetzungen“ im Auftrag erfüllt sind, kommt einer dieser Preistypen zur Anwendung. Der höchstzulässige Preis richtet sich also nach dem Preistyp. Grob wird zwischen Marktpreisen und Selbstkostenpreisen unterschieden. Der Preistyp ergibt sich nach Maßgabe der Verordnung und kann auch Mischformen annehmen. Ferner ergibt er sich aus den Umständen des Auftrags; er kann also nicht einfach frei gewählt werden.
- Kommunizieren Sie die preisrechtlichen Anforderungen! Das erspart dem Auftragnehmer böse Überraschungen, denn das Preisrecht ist vielen Unternehmen nicht bekannt, insbesondere wenn sie nur selten öffentliche Aufträge erhalten.
- Beschaffen Sie zu Marktpreisen, indem Sie für Wettbewerb im Sinne des Vergaberechts sorgen. Immer dann, wenn eine echte Wettbewerbssituation zwischen den potenziellen Auftragnehmern entsteht, verringern Sie das Risiko, dass sich ein unzulässig überhöhter Preis durchsetzt. Wenn Sie sicher sind, dass ein echter, effektiver Bieterwettbewerb stattgefunden hat, können Sie in der Regel auf eine Preisprüfung im Sinne des Preisrechts verzichten.
- Entwickeln Sie eine selektive Prüfstrategie. Nicht jeder Auftrag sollte geprüft werden. Eine Prüfung ist typischerweise in den Fällen sinnvoll, in denen ein überhöhter Preis vermutet wird, z. B. wenn eine Ausschreibung nur mit einem oder sehr wenigen zuschlagsfähigen Angeboten endet. Überlegen Sie daher, welche Aufträge sich für ein Preisprüfungsersuchen anbieten. Bei einer Preisprüfung können Sie als Auftraggeber faktisch nur gewinnen!
- Liegt kein Marktpreis vor, deckeln Sie die Selbstkostenpreise durch Preisobergrenzen und ggf. durch Positionshöchstbegrenzungen (insbesondere bei Selbstkostenricht- und Selbstkostenerstattungspreisen)! Preisobergrenzen sorgen dafür, dass die Kosten nicht durch die Decke gehen. Positionshöchstbegrenzungen beschränken einzelne Arbeitspakete oder Leistungspositionen. Dann können Mehrkosten an der einen Stelle nicht mit Minderkosten an einer anderen Stelle verrechnet werden. Aus neutraler Perspektive mag das wenig fair erscheinen, weil häufig Einsparungen links mit Kostensteigerungen rechts korrespondieren, aber einige öffentliche Auftraggeber (öAGs) arbeiten damit.
- Reichen Sie oberhalb eines Schwellenwertes das Preisrecht an alle Unterauftragnehmer durch! Das öffentliche Preisrecht gilt rechtlich nur im Leistungsaustausch zwischen öffentlicher Hand und Hauptauftragnehmer. Soll es auch für die Unterauftragnehmer gelten, muss dies der Auftraggeber ausdrücklich verlangen. Um zu vermeiden, dass der Aufwand für den Hauptauftragnehmer zu groß wird, empfiehlt sich die Vereinbarung eines Schwellenwertes.
- Flexibilisieren Sie die erforderlichen Kapazitäten: Was Sie als öffentlicher Auftraggeber an Kapazitäten bestellen, müssen Sie auch bezahlen! Insofern ist es sinnvoll, die Aufträge in notwendige Bestellmengen und optionale Anteile klar zu unterteilen. Dies hilft, nicht zu groß geratene Bestellungen zu vermeiden, und erleichtert zudem die Kalkulation für den Auftragnehmer. Reine „bis zu“-Bestellungen sind preisrechtlich eher ungeeignet.
- Vereinbaren Sie bei Selbstkostenpreisen die Höhe des Gewinns und der Zinsen (auf das betriebsnotwendige Kapital)! Bei Aufträgen auf Selbstkostenbasis können Auftragnehmer anstelle der tatsächlich angefallenen Zinsen einen kalkulatorischen Zinssatz auf das eingesetzte Kapital berechnen. Der kalkulatorische Zinssatz beträgt bis zu 6,5 %. Ohne Zinsvereinbarung kann der Auftragnehmer bis zum Höchstzinssatz ansetzen. Wenn Sie weniger kalkulatorische Zinsen zahlen wollen, müssen Sie dies vereinbaren.
- Stellen Sie sicher, dass zeitnah geprüft werden kann! Die Preisüberwachungsstellen der Länder sind für die Preisprüfung zuständig. Infolge der Überlastung der hoheitlichen Preisüberwachungsstellen kann sich möglicherweise die Einschaltung Dritter, z. B. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, anbieten. Das Recht auf eine Prüfung durch Dritte sollte aber vorab vereinbart werden.
- Dokumentieren Sie die Prüfungsergebnisse der Preisüberwachungsstellen. Mögliche Findings können Sie bei zukünftigen Ausschreibungen und Verhandlungen nutzen. Insbesondere helfen sie herauszufinden, ob ein Unternehmen bereits in der Vergangenheit auffällig war und ob sich eine erneute Einschaltung der Preisüberwachung gegebenenfalls wieder lohnt.
- Nutzen Sie das öffentliche Preisrecht verhandlungstaktisch! Beispielsweise kann es sich lohnen, bei erheblichen Preissteigerungen des Auftragnehmers warnend auf die Möglichkeit einer Preisprüfung hinzuweisen.
Fazit
Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Preisrecht ein geeignetes und erprobtes Instrument ist, um überhöhte Preise bei öffentlichen Aufträgen zu vermeiden und so Haushaltsmittel verantwortungsbewusst einzusetzen. Schließlich wurden die Mittel zuvor von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufgebracht. Jedoch wird das Instrument des Preisrechts aktuell viel zu selten genutzt, sodass die zuvor genannten Hinweise eine Anregung darstellen können, das Preisrecht in geeigneten Fällen vermehrt zum Einsatz zu bringen.
Lohnt sich die Einschaltung der Preisüberwachung?
Sie sind unsicher, ob sich eine Preisprüfung für Ihr Vorhaben bzw. Ihren Beschaffungsauftrag lohnt? Oder benötigen Sie Unterstützung bei der konkreten Umsetzung des Preisrechts? Dann sprechen Sie uns an – wir beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um die VO PR 30/53 und helfen Ihnen dabei, Ihre Beschaffung preisrechtskonform und wirtschaftlich zu gestalten.