Grundschema für die Berechnung von Selbstkosten bei öffentlichen Aufträgen und in der Forschungsförderung

Die Kalkulation von Selbstkosten bei öffentlichen Aufträgen und staatlichen Forschungszuwendungen folgt klar definierten Regeln und Strukturen. Diese Vorgaben sind notwendig, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. In diesem Beitrag beleuchten wir die Grundschemata der Kalkulation für Selbstkostenpreise bei öffentlichen Aufträgen sowie bei Selbstkosten bei Forschungszuwendungen auf nationaler Ebene.

Preisrecht bei öffentlichen Aufträgen

Öffentliche Aufträge, die dem deutschen Preisrecht unterliegen, werden durch die Verordnung PR Nr. 30/53 geregelt. Diese Verordnung gilt für Aufträge des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Sie legt fest, dass Marktpreise Vorrang haben. Sind keine Marktpreise ermittelbar, kommen Selbstkostenpreise zur Anwendung. Selbstkostenpreise sollten möglichst als vorkalkulatorische Festpreise festgelegt werden. Wenn dies nicht möglich ist, kommen nachkalkulatorische Erstattungspreise zur Anwendung.
 
Das Grundschema für die Kalkulation wird in Nr. 10 LSP (Leitsätze für die Preisermittlung auf der Grundlage von Selbstkosten), dem Anhang zur VO PR 30/53, geregelt. Diese Gliederung wird auch für den Anwendungsbereich der Zuwendungen verwendet, wobei Positionen wie Vertriebskosten, Gewinn und ggf. weitere Bestandteile in den Förderprojekten nicht angesetzt werden dürfen.
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Kalkulations­schema nach Nr. 10 LSP

Fertigungsstoffkosten
Fertigungskosten
Entwicklungs- und Entwurfskosten
Verwaltungskosten
Vertriebskosten
Selbstkosten
Kalkulatorischer Gewinn
Selbstkostenpreis

DIKOIN GmbH © 2024

Zur Befüllung der Kalkulationspositionen wird auf die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) zurückgegriffen. Um aus der KLR zu einer auftrags- bzw. förderprojektbezogenen Darstellung der Kosten zu gelangen, gibt es grundsätzlich mehrere Möglichkeiten die Kostenrechnung zu gestalten. Nachfolgend wird das klassische Grundschema der KLR dargestellt.

Grundlagen der Selbstkostenkalkulation mittels der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR)

Die KLR dient dazu den einzelnen Leistungen des Unternehmens möglichst verursachungsgerecht den betrieblichen Werteverzehr zuzuordnen. Dabei wird typischerweise in den folgenden drei Schritten vorgegangen.

Kostenartenrechnung

  • Zunächst werden die Ansätze aus der Finanzbuchhaltung wie folgt korrigiert:
    • Berücksichtigt werden alle aufwandsgleichen Kosten aus der Finanzbuchhaltung, die den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechen und im Zusammenhang mit der Leistungserstellung stehen.
      Alle neutralen Aufwendungen, d.h. Aufwand, dem keine Kosten gegenüberstehen, werden abgesetzt. Dabei handelt es sich um betriebsfremde, periodenfremde oder außergewöhnliche Aufwendungen.
    • Nicht aufwandsgleiche Kosten werden entsprechend korrigiert, um einer LSP-konforme und verursachungsgerechte Berücksichtigung der sachgerechten Verbräuche sicherzustellen. Dabei handelt es sich entweder um Anderskosten, also Aufwand dem Kosten in anderer Höhe gegenüberstehen, oder Zusatzkosten, d.h. Kosten denen kein Aufwand gegenübersteht.
      Beispielsweise wären bei den Anderskosten die kalkulatorischen Abschreibungen zu nennen, die die handelsrechtlichen Abschreibungen ersetzen können. Bei den Zusatzkosten lässt sich z.B. der kalkulatorische Unternehmerlohn anführen. Die in der Praxis wichtigste Position ist die Hinzurechnung der kalkulatorischen Zinsen auf das betriebsnotwendige Kapitel, während der tatsächliche Zinsaufwand abgesetzt werden muss.
  • In der Kostenartenrechnung werden alle Kosten nach Kostenarten gegliedert, um die Kostenrechnung besser strukturieren zu können. Innerhalb der Kostenrechnung dient die Kostenartenrechnung als Grundlage für weitere Berechnungen.

Kostenstellenrechnung

  • Die Kosten werden in den Aufträgen oder Projekten in direkt zurechenbare Einzelkosten und in indirekt zurechenbare Gemeinkosten unterschieden.
  • Kostenarten, die nicht direkt einem Kostenträger zugeordnet werden können, werden als Gemeinkosten auf Kostenstellen verteilt. Die Kostenstellenrechnung dient also dazu, die Kosten, die nicht direkt dem Produkt oder dem Fördervorhaben zugerechnet werden können, zu sammeln und später nach bestimmten Verteilungsschlüsseln auf die Kostenträger zu verrechnen.

Kostenträgerrechnung

  • Sie ist nach der Kostenartenrechnung und der Kostenstellenrechnung die letzte Stufe der Kostenrechnung. Hier werden die Einzelkosten und Gemeinkosten den einzelnen Produkten, Dienstleistungen oder Förderprojekten (den Kostenträgern) möglichst verursachungsgerecht zugerechnet. Für eine verursachungsgerechte Kostenverrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger werden typischerweise differenzierte Gemeinkostenzuschlagssätze auf die Einzelkosten angewendet.

Selbstkosten bei Forschungs­zuwendungen des Bundes

Forschungszuwendungen des Bundes auf Kostenbasis werden in der Regel über Projektförderungen vergeben. Hierbei gelten durch sog. Nebenbestimmungen modifizierte LSP. Diese bestimmen die zuwendungsfähigen Kosten, die durch das Forschungsprojekt verursacht und während des Bewilligungszeitraums entstanden sind. Nicht zuwendungsfähig sind hier typischerweise Vertriebskosten einschl. Werbekosten, Gewerbeertragsteuer, kalkulatorische Kosten für Einzelwagnisse, Kosten der freien Forschung und Entwicklung sowie der kalkulatorische Gewinn.

Die Kalkulation kann auftragsabhängig oder für KMU und mittelständische Unternehmen auch pauschaliert erfolgen. Bei der auftragsabhängigen Abrechnung werden die Einzelkosten zuzüglich eines firmenindividuellen Gemeinkosten-Zuschlagssatzes angesetzt. Bei der pauschalierten Abrechnung werden die Einzelkosten zuzüglich eines festen Zuschlagssatzes auf die Personaleinzelkosten anstelle der Gemeinkosten angesetzt. Dann wird auf die Ermittlung firmenspezifischer Zuschlagssätze verzichtet und stattdessen unabhängig von der individuellen Kostensituation der pauschale Zuschlag verwendet, z.B. 100% nach NKBF 2017. Infolge der Novelle der AGVO wird seit Anfang 2024 allerdings die pauschalierte Abrechnung von Gemeinkosten bis auf Weiteres ausgesetzt. Durch eine Absenkung der Pauschale auf 70-75% könnte die pauschalierte Abrechnung wieder AGVO-konform gemacht werden. Eine Nachfolgeregelung findet sich zur Zeit in Abstimmung (Stand: Herbst 2024).

Fazit

Die Kalkulation von Selbstkosten bei öffentlichen Aufträgen und staatlichen Forschungszuwendungen setzt Kenntnisse der klassischen Kosten- und Leistungsrechnung voraus. Anwender sollten insbesondere mit den Verfahren der Kostenträgerstückrechnung vertraut sein. Besondere Bedeutung kommt der Zuschlagskalkulation zu. Der Kalkulation nach LSP im Rahmen der preisrechtlichen Berechnung öffentlicher Aufträge liegt die differenzierte Zuschlagskalkulation zugrunde. Dabei werden verschiedene Zuschlagssätze verwandt:

⦁ Materialgemeinkosten-Zuschlag auf Materialeinzelkosten
⦁ Fertigungsgemeinkosten-Zuschlag auf Fertigungseinzelkosten
⦁ Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten-Zuschlag auf Herstellkosten

Bei den personalintensiven Forschungsvorhaben hingegen reicht zumeist ein summarischer Zuschlag sämtlicher Gemeinkosten auf die Personaleinzelkosten aus, um den Wertverzehr eines Vorhabens verursachungsgerecht abzubilden.

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