Importzölle in der Kalkulation: Preisrecht richtig anwenden

Wie Unternehmen höhere Importzölle preisrechtlich korrekt abbilden – und was sie dabei unbedingt beachten sollten.

Aus aktuellem Anlass

Die wirtschaftspolitische Großwetterlage hat sich dramatisch verändert: Strafzölle auf chinesische E-Autos, Gegenzölle auf europäische Maschinen oder neue Einfuhrabgaben auf bestimmte Vorprodukte – all das trifft nicht nur globale Konzerne, sondern auch viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland. Wer für die öffentliche Hand tätig ist oder Förderprojekte zu Selbstkosten abrechnet, steht vor einer doppelten Herausforderung: steigende Kosten und strenge preisrechtliche Vorgaben.

Was bedeuten höhere Importzölle für Unternehmen?

Importzölle erhöhen die Einstandspreise von Rohstoffen, Komponenten oder Handelswaren – zum Teil dramatisch. Gerade für Unternehmen, die auf internationale Lieferketten angewiesen sind, kann dies gravierende Folgen haben:

  • Die Margen geraten unter Druck: Die ursprüngliche Kalkulation wird durch zusätzliche Zölle obsolet.
  • Steigende Kalkulationsunsicherheit: Wer heute ein Angebot abgibt, weiß oft nicht, wie sich die Zollsätze im Auftragszeitraum bzw. während der Projektlaufzeit entwickeln.
  • Vertragsrisiken: Öffentliche Aufträge lassen oft keine flexible Nachverhandlung zu – Anpassungsspielräume sind eng begrenzt.
  • Wettbewerbsnachteile: Unternehmen, die transparent und regelkonform kalkulieren, laufen Gefahr, im Wettbewerb mit „optimistisch“ rechnenden Bietern zu unterliegen.

Was erlaubt das Preisrecht? – Die VO PR Nr. 30/53 im Fokus

Die Verordnung PR Nr. 30/53 regelt die zulässige Höchstpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen – und zwar verbindlich. Grundsätzlich gilt: Marktpreise haben Vorrang. Wurde bei Vertragsschluss ein Marktpreis realisiert, gilt dieser i.d.R. als zulässiger Höchstpreis (ggf. Ausnahmen, vgl. Strategien Nr. 2, 5 und 6 unten).

Liegt kein Marktpreis vor oder herrscht gestörter Wettbewerb, so kommt die Selbstkostenpreisermittlung gemäß den Leitsätzen zur Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) zur Anwendung.

Hierbei gilt:

Zölle sind preisrechtlich relevante Kosten.
Importzölle zählen zu den Einzelkosten der Beschaffung (§ 5 LSP) und dürfen – wenn sie tatsächlich angefallen sind – in den Selbstkosten vollständig angesetzt werden.

Wichtige Voraussetzungen für die Anerkennung zollbedingter Kostensteigerungen:

  1. Tatsächliche Entstehung: Die Zölle müssen real angefallen und durch Unterlagen (Zollbescheide, Rechnungen, Frachtpapiere) belegbar sein.
  2. Zurechenbarkeit: Es muss eine direkte Verbindung zum betreffenden Auftrag bestehen – Allgemeinkosten oder fiktive Annahmen sind unzulässig.
  3. Notwendigkeit: Die eingeführten Produkte müssen für die Auftragsdurchführung erforderlich sein.


Was ist nicht erlaubt

  • Pauschale Zuschläge z.B. „wegen Zollgefahr“.
  • Fiktive Kalkulation zukünftiger Zölle insb. im Fall vorkalkulatorischer Preise.
  • Sicherheitsaufschläge ohne belegbare Grundlage.

Strategien für Unternehmen im Umgang mit Zollrisiken

  1. Preistyp-Überlegungen
    Erhebliche Unsicherheiten beim Wertgerüst durch Zollrisiken können Auswirkungen auf den Preistyp haben. D.h. dass eine Nicht-Überschaubarkeit der Kosten zum Vertragszeitpunkt für einen Selbstkostenerstattungspreis spricht.
  2. Preisanpassungsklauseln in Verträgen verhandeln
    Gerade bei längerfristigen Projekten kann eine vertraglich fixierte Gleitklausel zur Anpassung bei Zolländerungen sinnvoll und zulässig sein – sofern sie vergaberechtlich korrekt formuliert ist​.
  3. Transparente Kalkulation mit Dokumentation aller Zollpositionen
    Bereits in der Angebotsphase sollte jede zollrelevante Position klar und sauber kalkuliert werden. Die spätere Preisprüfung stützt sich auf die Urkalkulation – hier darf nichts fehlen.
  4. Nachkalkulation bei Selbstkostenerstattungspreisen anpassen
    Bei Selbstkostenerstattungspreisen bereiten Zölle, abgesehen im Zusammenhang mit Preisdeckeln, keine Schwierigkeiten, da die tatsächlich angefallenen Kosten anerkannt werden. Hier ist die Nachweisführung der Zollpositionen elementar.
  5. Risikomanagement und Einkaufsstrategien anpassen
    Importzölle sollten auch in der Einkaufsstrategie berücksichtigt werden – durch alternative Bezugsquellen, europäische Zulieferer oder langfristige Rahmenverträge mit Zollschutzklauseln.
  6. Wegfall der Geschäftsgrundlage
    Eine mögliche Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB kann der letzte Ausweg sein und ist im Einzelfall zu prüfen. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage gelingt erfahrungsgemäß jedoch eher selten, dennoch sollte man diesen rechtlichen Rahmen zur Anpassung oder Aufhebung von Verträgen zumindest verhandlungstaktisch nutzen.

Und was passiert bei Preisprüfungen?

Die Preisüberwachungsbehörden prüfen, ob zollbedingte Kostensteigerungen berechtigt, notwendig und nachweisbar sind. Wer hier nachlässig kalkuliert oder schlecht dokumentiert, riskiert Rückforderungen durch öffentliche Auftraggeber

Fazit: Chancen und Risiken professionell managen

Die aktuellen Entwicklungen zeigen: Wer für die öffentliche Hand arbeitet, muss Preisrisiken – wie Importzölle – professionell und regelkonform handhaben. Das Preisrecht bietet hierzu durchaus Möglichkeiten zur Anpassung – aber nur, wenn man die Spielregeln kennt und einhält kann dies erfolgreich gelingen.

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